
• Hurricane Veranstalter FKP Scorpio versucht die Besucher vorab zu informieren
• Unklar, ob bargeldloses Bezahlen auch auf auf dem Southside Festival möglich sein wird
Auf Festivals, bei denen häufig zehn- oder sogar hunderttausende Besucher teilnehmen, entstehen an allen Merchandise- und Getränkeständen enorme Warteschlangen. Um die Wartezeiten zu verkürzen, die Abwicklung für das Personal zu vereinfachen und die auf Festivals häufigen Diebstähle zu vermeiden, führen gleich mehrere deutsche Festivals, darunter das Berlin Festival und das Hurricane Festival in diesem Jahr bargeldlose Bezahlsysteme ein.
Berlin Festival: Warten auf Godot
Bargeldlos auf dem Festival zahlen, klang auch für die diesjährigen Besucher des Berlin Festivals utopisch-schön. Doch anstatt die Vorteile und den Mehrwert bargeldloser Bezahlsysteme zu genießen, ist das Bezahlsystem für die Musik-Fans nach hinten los gegangen. Musste man sich früher auf dem 20.000 Besucher starken Festival nur mit langen Schlangen an den Bändchen-, Getränke- und Imbissbüdchen arrangieren, so kam in diesem Jahr die Schlange zum Aufladen des RFID-Festival-Bändchens hinzu. Denn um überhaupt zahlen zu können, musste nach der Bändchen-Vergabe, das Band mit Geld aufgeladen werden. Hatte man also Durst, musste man sich erst einmal in eine der sehr langen Schlangen der Auflade-Stationen anstellen, um das Warten danach an der Getränke- oder Imbiss-Schlange fortzusetzen. Hatte sich der Besucher mit seiner Prepaid-Summe verkalkuliert, so musste das Prozedere wiederholt werden. Zwar war es vor dem Festival möglich ein personalisierte Ticket zu kaufen, das sich via Internet-Account mit dem Bankkonto verknüpfen ließ, doch war die Informationspolitik dazu sehr dünn angesiedelt. Das Ergebnis: Vielen Besuchern war nicht bewusst, dass auf dem Festival-Gelände bargeldlos gezahlt wird. Da das Bargeld aber sowieso zum Festival mitgenommen werden musste, war der Mehrwert ad absurdum geführt und nicht mehr zu erkennen. Die Frustration war vorgeplant.
Hurricane Festival: Im zweiten Anlauf
Bisher ist die Informationsvergabe des Hurricane/Southside Veranstalters FKP Scorpio weitaus besser als die des Berlin Festivals. Auf der Internetseite befindet sich ein ausführliches Video, das dem Besucher die Vorgehensweise erklären soll. Zudem gibt es die eigene Rubrik „Bargeldlos“ auf der Homepage, die alle Fragen und Antworten zum Thema zusammenfasst. Überaus kundenfreundlich zeigt sich das Hurricane darüberhinaus mit der Twitter-Aktion #AskFKP. Einen gesamten Tag lang können die Besucher das Veranstalter-Team alles rund um das Festival und das bargeldlose Bezahlen fragen. Das schafft bereits zu Beginn Transparenz und eine dem Thema gegenüber positive Grundeinstellung.
Das zusammen mit YouChip entwickelte Bezahlsystem funktioniert ähnlich wie das auf dem Berlin Festival. Die Besucher laden ihr Bändchen auf, zahlen an allen Ständen und können sich zum Schluss die verbliebene Summe direkt auszahlen oder auf das Giro- oder Kreditkartenkonto überweisen lassen. Doch im Unterschied zum Berlin Festival, empfiehlt das Hurricane ausdrücklich bereits vor dem Festival-Start das Chip-Konto über den Festival-Account aufzuladen, sodass auf dem Gelände selbst nur noch das Bändchen abgeholt werden muss. Da die Bändchen mit dem Ticket personalisiert sind, kann bei Verlust der RFID-Chip sofort und jederzeit gesperrt werden – ähnlich einer gewöhnlichen Prepaid-Kreditkarte. Unklar ist jedoch, ob das Bändchen auch ohne Prepaid-Funktion eingesetzt werden kann, also nur in Kombination mit dem Giro- oder Kreditkartenkonto. Bargeld sollten die Besucher daher in jedem Fall trotzdem mitnehmen, falls das Guthaben nicht ausreicht oder wenn man in den umliegenden Supermärkten einkaufen möchte. Ob das bargeldlose Bezahlen auf dem ebenfalls von FKP Scorpio organisierten Southside Festival möglich sein wird, ist noch nicht offiziell bekannt.
Für das Hurricane ist die diesjährige Einführung des bargeldlosen Bezahlsystems der zweite Versuch. Bereits in 2012 plante FKP Scorpio die Zwillingsfestivals cashless zu veranstalten. Damals war der australische Dienstleister EITS Global Ltd. unzuverlässich geworden, sodass zwei Tage vorher umgeplant werden musste. Wie auch andere Innovationen, benötigt wohl auch das bargeld- und kontaktlose Bezahlen Zeit, Erfahrung und das ein oder andere Nach-Justieren. Vor allem aber müssen sich die Besucher auf technische Probleme einstellen. Um Ärger zu vermeiden, empfiehlt es sich ganz analog und altmodisch den Brustbeutel mit Bargeld einzupacken.